7. April 2025

«Nicht ohne uns!» – Neuer Workshop im Gosteli-Archiv für die Sek I und II

Wie setzten sich Frauen in der Schweiz für politische Gleichstellung, Chancengleichheit und Selbstbestimmung ein? Im neuen Workshop «Nicht ohne uns!» im Gosteli-Archiv begeben sich Jugendliche der Sekundarstufen I und II auf Spurensuche zur Geschichte der Frauenbewegung.

Das Gosteli-Archiv in Worblaufen BE ist einzigartig in der Schweiz. Auf Initiative von Marthe Gosteli (1917–2017) sammelt es seit 1982 Quellen zu Frauenbewegungen in der Schweiz, die ohne diese Institution nur lückenhaft und zerstreut bewahrt worden wären. In Zusammenarbeit mit dem Gosteli-Archiv hat das Institut für Fachdidaktik der Gesellschaftswissenschaften der PH Luzern ein Vermittlungsangebot für die Sekundarstufen I und II entwickelt. Umgeben von Aktenbeständen tauchen Lernende in einer authentischen Archivsituation in lebensnahe und bis heute aktuelle Themenfelder ein.

Forschen – zusammensetzen – Geschichte erschliessen

Als die erste Klasse den Workshop besucht, stürzen sich die Schülerinnen und Schüler direkt in die Arbeit an ihren Archivschachteln. Einige Zeit ist es ruhig. Dokumente werden entziffert, Fotografien begutachtet und grossformatige Stofftransparente entrollt. Bilder, Texte und Plakate zeigen, wie sich Frauen für gemeinsame Ziele zusammenschlossen, publizierten, kämpften und kreativ waren. Bald wird in den Gruppen über die Quellen diskutiert.

Eine Gruppe beschäftigt sich mit dem «Milchkrieg» in der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre. Bieler Frauen schlossen sich zusammen und kämpften dafür, dass Milch weiterhin zur Haustür geliefert wurde. Auch wenn das «Milchkessi» heute nicht mehr allen Jugendlichen geläufig ist, vermitteln ihnen Notizen und Briefe der Beteiligten, weshalb die Versorgung mit frischer Milch damals so zentral war.

In einer weiteren Station beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit der Schaffung von Orten von und für Frauen. 1978 entstand mit dem Frauenhaus in Bern ein Schutzort für Frauen, die Gewalt und Misshandlung ausgesetzt sind. Welche Quellen sind von einem Ort überhaupt überliefert, für den Anonymität so zentral ist? Im gleichen Jahr entstand in Basel das Frauenzimmer. Mit schrillen und humorvollen Flyern warben die Initiantinnen für diesen neuartigen Ort des Austausches und für gegenseitige Unterstützung von und für Frauen. Die Plakate sprechen an und Elemente daraus werden in das Zine – ein kleines, selbst gemachtes «Magazin» zum Workshop – montiert.

Gerne hätte sie sich noch länger in die Quellenmaterialien vertieft, bemerkt eine Schülerin nach dem Workshop: «Es war besonders unterhaltsam, weil wir selbst in die Rolle von Detektivinnen schlüpfen und einen Blick in die Vergangenheit werfen konnten.» Ein Klassenkamerad ergänzt: «Ich fand es spannend, diesen Teil der Geschichte kennenzulernen.» Der Workshop regt an, kritisch über aktuelle gleichstellungspolitische und demokratische Herausforderungen nachzudenken und eigene Perspektiven zu entwickeln.


Kontakt

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Angela Müller
Dr. phil.
Frohburgstrasse 3
6002 Luzern
angela.mueller@phlu.ch
Portrait
spacer