17. September 2025

Studienreise zur Geschichte des Holocausts

Zwischen dem 29. August und dem 5. September 2025 setzten sich 18 Studierende und 6 Dozierende der PHs Luzern, FHNW, Bern und Zürich in Berlin und Polen intensiv mit der Geschichte des Holocausts auseinander. Im Zentrum der Studienreise und des Berichts von Barbara Sommer Häller: die «Aktion Reinhardt» und die Ermordung von fast 2 Millionen jüdische Menschen.

Die Studienreise begann am Haus der Wannsee-Konferenz, wo Mitarbeitende der Gedenk- und Bildungsstätte anhand der Protokolle der Wannsee-Konferenz die Täter*innenperspektive und -sprache dekonstruierten. Julian Tsapir von der Yad Vashem International School for Holocaust Studies brachte uns in den nachfolgenden beiden Tagen anhand zahlreicher Beispiele die Betroffenenperspektive sowie grundlegende pädagogische Konzepte und darauf abgestimmte Unterrichtsmaterialien zum Thema Holocaust näher

Ausgerüstet mit diesen Grundlagen ging die Reise weiter nach Warschau. Innert kürzester Zeit machte uns Steffen Hänschen vom Bildungswerk Stanislaw Hantz mit dem Besuch im ehemaligen Warschauer Ghetto die Bedeutung historischer Orte deutlich. Der anschliessende Besuch des POLIN-Museums ermöglichte eine individuelle Vertiefung ausgewählter Aspekte der jüdischen Geschichte und Kultur in Polen.

«Ich konnte wertvolle historische Quellen und Materialien sammeln. Die pädagogischen Konzepte von Yad Vashem mit dem Fokus auf die Schicksale betroffener Menschen helfen mir weiter, meinen Geschichtsunterricht zur anspruchsvollen Thematik inhaltlich und methodisch nachhaltig zu verbessern», beschreibt Elia Bertschi, Sekundarstufe I, PH Zürich, seine Erfahrungen und Erlebnisse.

Anschliessend begaben wir uns nach Lublin, von wo aus ab Herbst 1941 die «Aktion Reinhardt» – Tarnname für die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung im von Nazi-Deutschland besetzten Generalgouvernement (Polen) - organisiert wurde. Hier beschäftigten wir uns einerseits mit dem jüdischen Leben vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg und andererseits mit den Strukturen, die die Nationalsozialisten in Ostpolen aufbauten, um schliesslich fast 2 Millionen Jüd*innen zu ermorden. Der Besuch des ehemaligen Transitghettos Wlodawa und des Vernichtungslagers Sobibor bildeten den traurig stimmenden Höhepunkt der Reise. 

«Ehemalige Studierende und Teilnehmende betonen immer wieder, dass die Studienreise zu den eindrucksvollsten, wenn nicht sogar zur eindrucksvollsten Erfahrung ihres gesamten Studiums wurde. Für die Reise nach Polen ist – wie auch die Forschung zeigt – entscheidend, dass man am authentischen historischen Ort steht, wo Menschen die unvorstellbarsten Verbrechen an Menschen verübt haben.»

Barbara Sommer Häller, Dozentin und Leiterin der Studienreise, PH Luzern

Der Besuch historischer Orte und die Arbeit mit Biografien gaben den ermordeten Menschen und der Geschichte des Holocaust ein Gesicht und ermöglichten den Aufbau kognitiver Empathie. In Workshops und Reflexionsrunden diskutierten wir die Bedeutung des Erinnerungslernens und machten uns Überlegungen zum Transfer in schulische und öffentliche Geschichtsvermittlung.

Positive Resonanz der Teilnehmenden

Die Reise konnte dank der grosszügigen finanziellen Unterstützung des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation durchgeführt werden. Die positive Resonanz sei an dieser Stelle durch weitere Kommentare von Teilnehmenden dokumentiert:

  • «Die Studienreise öffnet viele Räume. In einem davon befinden sich die unmittelbaren und bewegenden Erfahrungen von Zeitzeug*innen. Diese mutigen Tagebücher, Berichte, Briefe und Zeichnungen wollen gesehen, gelesen und gehört werden, denn genau dazu wurden sie aufgezeichnet, behalten, aufgespürt und wieder hervorgeholt.» 
    Ralf Harder, Sekundarstufe II, PHBern
  • «Für die Vermittlung des Themas Holocaust und 2. Weltkrieg in der Sekundarstufe I braucht es von den Lehrpersonen Fingerspitzengefühl. Dabei stehen die Würde und Individualität der Opfer im Mittelpunkt, sodass anhand von persönlichen Geschichten die Empathie und das moralische Urteilsvermögen gefördert werden. Wichtig ist dabei, einen verantwortungsvollen Zugang zu schaffen, der Wissen, Wertvorstellungen und Menschlichkeit verbindet.»
    Flurin Manetsch, Sekundarstufe I, PH FHNW
  • «Die Studienreise erwies sich in vielerlei Hinsicht als bereichernd. Insbesondere die persönlichen Lebensgeschichten der Überlebenden in Verbindung mit dem heutigen Ort des Geschehens lösten Emotionen wie Wut, Trauer und Angst in mir aus, ein Gefühl der Ohnmacht.»
    Delia Hegglin, Sekundarstufe I, PH Luzern
  • «Obwohl nur noch vereinzelt physische Überreste der jüngeren Geschichte Polens und der Shoah sichtbar sind – sei dies gewollt oder nicht – so sind dennoch die Spuren der blutigen Vergangenheit omnipräsent. Wer sich erinnern will, wird sowohl in Warschau, Lublin als auch in Sobibor fündig.»
    Luca Moser, Joint Degree MA Fachdidaktik Schwerpunkt Geschichte und Politische Bildung, PH FHNW/Uni Basel, und Nina Oderbolz, Joint Degree MA Geschichtsdidaktik und Public History PH, Luzern/Uni Luzern

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Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Barbara Sommer Häller
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