Durch die Brille der Sport-Lehrperson: Handlungsleitende Orientierungsmuster hinsichtlich Geschlecht 

Diese Dissertation identifiziert und expliziert handlungsleitende Geschlechts-Orientierungsmuster der Lehrpersonen im mono- und koedukativen Sportunterricht in der Deutschschweiz und folgt der übergeordneten Forschungsfrage: Wie konstruieren Lehrpersonen auf der Sekundarstufe I und II Geschlecht in ihrem Sportunterricht?

Wann:
Montag, 13. November 2023, 12.15 Uhr bis 13.00 Uhr
Wo:
Sentimatt (SE)
SE 108

 

Beim explorativen Vorgehen wurde mit acht Sportlehrpersonen je ein 60 - 90 Minuten dauerndes narratives Interview (Schütze, 1983) geführt, wobei im Vorfeld der Unterricht von sechs dieser Lehrpersonen von jeweils zwei unterschiedlichen Perspektiven eingefangen wurde. Während mit einer stationären Weitwinkelkamera die Gesamtperspektive auf das unterrichtliche Geschehen festgehalten wurde, wurde mit einer Brillenkamera die Subjektivperspektive der Lehrperson aufgezeichnet. Letztere Aufnahmen wurden in einem Stimulated Recall (Messmer, 2015) herangezogen und dienten als fokussierter Ausgangspunkt für die narrativen Interviews. Die daraus generierten Daten wurden mit der Dokumentarischen Methode (Asbrand & Martens, 2018; Bohnsack et al., 2013) ausgewertet und führten zu ersten Ergebnissen, welche mit Goffmans (1977, 2001) Konzeption der Institutional Reflexivity eingeordnet werden können. 

Ausgehend von einem weit gefassten Diversitätsverständnis wird diese Forschung als äusserst relevant für die Lehrpersonenbildung erachtet, da zum einen der Lehrperson ein besonderer Stellenwert hinsichtlich Bewegungs- und Verhaltensvorstellungen zugeschrieben wird (Mutz & Burrmann, 2014; Sobiech, 2010). Zum anderen ist im körperbezogenen Schulfach Bewegung und Sport Geschlecht nicht nur fest eingeschrieben (bspw. durch Monoedukation), sondern es scheint vor dem Hintergrund einer gesamtgesellschaftlichen Aktualität auch besonders stark mit Unsicherheit behaftet zu sein.

Referent: Raphael Willi

Literatur

Asbrand, B. & Martens, M. (2018). Dokumentarische Unterrichtsforschung. Springer.

Bohnsack, R., Nentwig-Gesemann, I. & Nohl, A.-M. (2013). Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis (3., aktualisierte Aufl.). Springer VS. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-19895-8_1

Goffman, E. (1977). The Arrangement between the Sexes. Theory and Society, 4(3), 301-331.

Goffman, E. (2001). Das Arrangement der Geschlechter. In H. A. Knoblauch (Hrsg.), Interaktion und Geschlecht (S. 105-158). Campus Verlag.

Messmer, R. (2015). Stimulated Recall als fokussierter Zugang zu Handlungs-und Denkprozessen von Lehrpersonen. Forum: Qualitative Social Research, 16(1), Art. 3.

Mutz, M. & Burrmann, U. (2014). Sind Mädchen im koedukativen Sportunterricht systematisch benachteiligt? Neue Befunde zu einer alten Debatte. Sportwissenschaft, 44(3), 171-181. https://doi.org/10.1007/s12662-014-0328-x

Schütze, F. (1983). Biographieforschung und narratives Interview. Neue Praxis, 13(3), 283-293.

Sobiech, G. (2010). Gender als Schlüsselqualifikation von (Sport-)Lehrkräften. In N. Fessler, A. Hummel & G. Stibbe (Hrsg.), Handbuch Schulsport (S. 554 - 569). Hofmann-Verlag.


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